Piratenpartei Deutschland: Was ist dran am Mythos?

Stephan Frey
Stephan Frey
3 min Lesezeit
Piratenpartei-Deutschland-Mythos-News

Berlin galt bei den anderen Parteien noch als Betriebsunfall der Demokratie. Spätestens seit den Landtagswahlen im Saarland lächelt jedoch keine der etablierten Parteien mehr über die Piratenpartei in Deutschland.

Piratenpartei-Deutschland-Mythos-News

Kommen die Piraten auch in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in die Landtage, dürfte die Demokratielandschaft kopfstehen.

Was ist das Geheimnis der Piraten?

Was aber ist das Besondere an einer Partei, die offen sagt, dass sie sich zu bestimmten Themen (noch) nicht positioniert hat? Im Saarland holte die Piratenpartei aus dem Stand 7,4 Prozent.

In Berlin zogen die Piraten mit 15 Abgeordneten in das Abgeordnetenhaus ein. Die Wahlumfragen für Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sehen die Piraten ebenfalls bei über fünf Prozent.

Die anderen sogenannten etablierten Parteien sind derweil ratlos und fragen sich zunehmend, was dran ist an den Piraten, die keine Lösung präsentieren und damit zunehmend bei der Bevölkerung punkten.

Die Piraten indes punkten mit Transparenzoffensiven für mehr Demokratie und mit der teilweise unbeholfenen Art ihres Auftretens.

Ist also gerade das „stümperhafte Auftreten“ das Attraktive an den Piraten? Auch diese Frage kreist zunehmend durch die etablierte Parteienlandschaft.

Wenn dem so wäre, müsste die FDP allerdings in der Wählergunst derzeit hoch im Kurs liegen, witzeln bereits einige Politexperten.

Piratenpartei Deutschland: Partei 2.0?

Die Piraten indes gelten immer noch als Internetpartei sozusagen als Partei 2.0. Mit Offensiven für mehr Demokratie und gegen Netzsperren punkten die Piraten zunehmend in der Mitte der Bevölkerung.

In den Landtagswahlkämpfen setzten die Piraten aber zunehmend auch auf Umweltthemen und auch die Bildungspolitik. Die Piraten profitieren, im Gegensatz zu den etablierten Parteien, auch derzeit von einem Mitgliederboom.

Mit rund 23000 Mitgliedern ist die Piratenpartei die derzeit am schnellsten wachsende Partei in Deutschland. Die Mitgliederzahl hat sich damit seit der Berlin-Wahl nahezu verdoppelt.

Piraten: Schlupfbecken für Rechtsradikale?

Derweil mehren sich jedoch die Kritiken an den Piraten. So sollen die Piraten als Schlupfbecken für Radikale gelten.

Der Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise war zuvor in der NPD. In Nordrhein-Westfalen soll das Mitglied der Piratenpartei Bodo Thiesen den Holocaust verharmlost haben.

Obwohl in beiden Fällen Parteiausschlussverfahren laufen, wirft dies dennoch kein gutes Licht auf die Piraten.

Piraten: Sammelbecken für politische gescheiterte Persönlichkeiten?

Auch der Vorwurf als Sammelbecken für in anderen Parteien Gescheiterte zu dienen, muss die Partei zunehmend entkräften.

In Schleswig-Holstein kandidiert beispielsweise die ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen und ehemalige Bundestags- und Europaabgeordnete, Angelika Beer.

Diese befand sich auf dem sechsten Platz der Landesliste der Piratenpartei.

Zuvor war Beer bei den Grünen nicht mehr für das Europaparlament aufgestellt worden, worauf die ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen die Partei verließ und den Piraten beitrat.

Weitere News: Bilanz der Landtagswahl im Saarland: Piraten-Erfolg und FDP auf Splitterparteiniveau


Bsp. Grafik: Piratenpartei Deutschland (c) Piratenpartei

Diese News teilen
4 Kommentare
  • Die Piraten sind kein Mythos, sondern mittlerweile politische Realität in Deutschland. Dass die Etablierten damit immer noch Probleme haben, dies anzuerkennen, ist da kaum verwunderlich. Denn genau aus diesem Unverständnis heraus resultiert auch der Erfolg der Piratenpartei.

  • Naja, die Piratenpartei in derartiger Weise zu glorifizieren, halte ich deutlich für verfrüht. Auch wenn es um die FDP zur Zeit eher schlecht bestellt ist, so kann die Piratenpartei ihr an Erfahrung, politischer Bandbreite der Themenkompetenz und (ja, auch!) letzen Endes am Freiheitsgedanken noch lange nicht das Wasser reichen. Die Piraten sind definitiv nicht die „neuen Liberalen“ oder die „neuen Grünen“ – eher wissen sie sicher selbst noch nicht so genau, wer oder was sie sind. Aber das muss ja zum momentanen Zeitpunkt nicht schlimm sein.

  • Alte altgediente Politiker reiben sich verwundert die Augen. Wie eine nicht aufzuhaltende Welle schwappen die Piraten in die nächsten Parlamente. Wenn es bei den Grünen schon das Internet gegeben hätte, wären viele Fischerkungelrunden ausgefallen und manches besser gelaufen.
    Die Piraten mit ihrer bis jetzt eingehaltenen Transparenz bei der Kandidatensuche ist herzerfrischend ehrlich und verdient viele, viele Mehrprozente, denn nur so brechen wir das starre Parteiengefüge auf. Damit die Piraten auch richtig ein und politisch dreinschlagen können, müssen wir sie mit sehr vielen Stimmen in die Parlamente schicken.
    In anderen Ländern Europas sind 20 oder 30 % Stimmen für eine neue
    Partei garnicht so selten. Wenn man sich die Zahl der frustrierte
    Wähler und Nichtwähler anschaut, dann sind 30 % Stimmen für die Piraten garnicht unmöglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert