Nadja Drygalla und Michael Fischer: Darf man einen Nazi lieben?

Stephan Frey
Stephan Frey
6 min Lesezeit
Nadja-Drygalla-News

Olympia 2012, London: Nadja Drygalla und Michael Fischer ein Paar: Die Zeitung mit den drei Buchstaben brachte es an die Öffentlichkeit „Ruderin Nadja Drygalla liebt einen Nazi“.

Nadja-Drygalla-News

Die Konsequenz aus der Meldung, die Sportlerin flüchtetvon Olympia 2012 aus London, die Zukunft Nadja Drygallas scheint ungewiss.

Hat sich die Presse zu vorschnell festgelegt?

Selbst Innenminister Friedrich schaltet sich ein und demonstriert Aktivismus, indem er die Angelegenheit dem Verfassungsschutz übergeben will. Nun plötzlich, erhält die Sportlerin von nahezu allen Seiten plötzlich Zuspruch.

Hat sich die Presse, hat sich die Politik zu vorschnell ein falsches Bild von einer Sportlerin gemacht, die offenbar ihrem Herz mehr folgt als dem Verstand?

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur „dpa“ äußert sich Drygalla erstmals öffentlich nach der Abreise aus London.

Drygalla versichert nie Kontakt zur rechten Szene gehabt zu haben, auch sei sie niemals auf einer Demonstration der NPD gewesen, so die Sportlerin.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière nimmt Drygalla derweil in Schutz und prüft sogar eine Beförderung der Sportlerin. Der „Tagesspiegel“ spricht sogar von einer Hetzjagd auf die 23-jährige Drygalla.

BILD passt sich offenbar Mainstream der öffentlichen Meinung an

Die „Bild“ indes hat ihre Schlagzeile und alles andere, gar das Schicksal einer durchaus liebestrunkenen Nadja Drygalla interessiert die Redakteure der selbsternannten Instanz von „Recht und Ordnung“ offenbar nicht.

Wie aber verhält sich die Situation wirklich? Darf Nadja Drygalla einen ehemaligen NPD-Funktionär lieben?

Der Freund, der Ruderin, war noch vor elf Monaten Landtagskandidat der rechtsextremen NPD in Mecklenburg-Vorpommern.

Michael Fischer: Bereits im Mai aus NPD ausgetreten

Nach eigenen Angaben ist Michael Fischer, ihr Freund, jedoch aus der NPD ausgetreten. Nach Angaben Fischers hat dieser sich zwischenzeitlich vom Rechtsextremismus losgesagt.

Bereits im Mai sei er aus der NPD ausgetreten heißt es. Stefan Köster, Landesvorsitzender der NPD in Mecklenburg-Vorpommern bestätigte indes den Austritt Fischers.

Anderseits spricht Köster auf der Internetseite der NPD-Mecklenburg Vorpommern von einer „Beziehung Drygallas zu „einem nationalen Aktivisten“.

Die NPD ist sonst dafür bekannt, dass sie Aussteiger ähnlich behandelt wie die Scientology-Sekte ihre Aussteiger. Zweifel an einem Gesinnungswandel Fischers bleiben somit zumindest in Ansätzen erhalten.

Nadja Drygalla: Person öffentlichen Interesses

Darf deshalb Najda Drygalla aber ihre Liebe zu Michael Fischer, die sie schon ihre Anstellung bei der Polizei gekostet hat nicht frei ausleben?

Doch sie darf, allerdings hätte Drygalla bedenken müssen, dass sie als Olympia-Teilnehmerin den Rang einer Persönlichkeit öffentlichen Interesses einnimmt.

Insofern darf Nadja Drygalla auch einen Nazi oder ehemaligen Nazi lieben, aber sie hätte sich in diesem Fall von Anfang an für den Freund und gegen Olympia entscheiden müssen.

BILD: Mitverantwortlich für Tod von ehemaligem Bundestagsabgeordneten der PDS?

Und die Zeitung mit den drei Buchstaben? Die rudert nun selbst mit ihren Aussagen zurück. Je nach öffentlichem Mainstream und der besten Aussicht auf Auflage, koste es, was es wolle.

In diesem Zusammenhang darf beispielsweise nicht vergessen werden, dass die „BILD“ Anfang der 1990er Jahre den ehemaligen PDS-Bundestagsabgeordneten Gerhard Riege durch ihre Hetzkampagnen in Bezug auf dessen IM-Stasi-Tätigkeit, nach Ansicht einiger Experten, mit in den Tod getrieben hat, für die Auflage versteht sich und im „Sinne der wahren Aufklärung“.

Auch im Fall Christian Wulff hat die „Bildzeitung“ aufgetrumpft, der Aufklärung wegen versteht sich.

Das Leben, was die Zeitung mit den drei Buchstaben möglicherweise irreparabel beschädigt, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Bundesverdienstkreuz für Drygalla? Hat die Liebe einen Nazi bekehrt?

Moral geht anders, insofern gebührt Nadja Drygalla im Gegenteil sogar das Bundesverdienstkreuz, wenn sich ihr Freund wirklich glaubhaft vom Rechtsextremismus losgesagt haben sollte.

In diesem Fall hat die Liebe nämlich positiv gewirkt, ungeachtet aller externen Einflüsse. Die Liebe hat somit über Hass gesiegt, nämlich gegenüber dem Hass einer braunen und menschenverachtenden Ideologie.

Die Liebe war somit stärker als die Ideologie, wenn es denn wirklich so ist, wie Drygalla und Fischer versichern.

Die Frage, ob man einen Nazi lieben darf, kann somit für den Fall Drygalla mit ja beantwortet werden, wenn der Nazi dann zukünftig kein Nazi mehr ist.

Verfassungsschutz: Zukünftig Frauen auf Nazis als Strategie zum Ausstieg  ansetzen?

Insofern sollte es der Verfassungsschutz zukünftig statt mit V-Männern vielleicht mit liebestrunkenen V-Frauen versuchen.

Den Reizen der Frauen können scheinbar auch die hartgesotten Nazis nicht widerstehen. Das zukünftige Motto der NPD könnte dann lauten, „Make Love not Hass“.

Dem Autor dieses Textes ist übrigens ein ähnlicher Fall bekannt. In diesem Fall hatte ein bekennender Nazi sich ausgerechnet in eine Türkin verliebt.

Beide sind heute verheiratet und lieben die kulturelle Vielfalt der Völker. Wenn Frauen also die Nazis wieder auf den rechten, Pardon, geraden Weg führen, umso besser, es lebe die Liebe.


Bsp. Grafik zum Artikel: Nadja Drygalla (c) ifp

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