Jobcenter Pinneberg: Kritik an Spartipps in Hartz-IV-Broschüre

Stephan Frey
Stephan Frey
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Jobcenter Pinneberg: Kritik an Hartz-IV-Broschüre – Spartipps vom Jobcenter herausgegeben: Gut gemeinter Ratgeber oder zynische Broschüre? Diese Frage stellen sich neben Landespolitikern in Schleswig-Holstein auch Verbraucherschützer in ganz Deutschland.

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Das Jobcenter in Pinneberg (Schleswig-Holstein) hat eine Broschüre herausgegeben, die Spartipps für Hartz-IV-Empfänger gibt.

Jobcenter: Spartipps mit Comics untermalt

Die Broschüre ist mit Comics bebildert und soll betroffenen Empfängern von Arbeitslosengeld II Tipps geben, um mit ihrem schmalen Budget klar zu kommen. So wird beispielsweise angegeben, alte Möbel bei Internet-Auktionen zu versteigern.

Dass die Versteigerungen im Internet bei mehrfacher Durchführung jedoch als anzurechnendes Einkommen bewertet werden können, scheint das Jobcenter nicht bedacht zu haben. Zudem rät die Pinneberger Arge den Betroffenen weniger Fleisch zu essen.

Während sich der Verzicht von Fleisch sogar noch durch Ernährung wissenschaftliche Grundlagen befürworten ließe, trägt der Tipp Steine in den Klospülbehälter zu legen, um beim Toilettengang Wasser zu sparen, Züge von Zynismus.

Fragwürdige Ratschläge

Ebenso sollte Waschmittel beim Discounter gekauft werden und nicht im normalen Supermarkt. Das Hartz- IV-Empfänger in der Regel grundsätzlich beim Discounter einkaufen, weil das Geld sonst nicht reicht, verschweigt das Jobcenter geflissentlich.

Des Weiteren rät das Pinneberger Jobcenter dazu auf ein Vollbad zu verzichten, um auch hier Energiekosten und Wasser zu sparen.

Dieser Tipp klingt grundsätzlich nachvollziehbar, allerdings hat nicht jeder eine Dusche zuhause. Zudem erlauben nicht alle Vermieter das Anbringen eines Duschvorhangs vor der Badewanne.

Gut gemeint, schlecht umgesetzt

Während dem Jobcenter grundsätzlich keine böse Absicht bei der Verfassung der Broschüre zu unterstellen ist, stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die Umsetzung in dem Jobcenter intern in Lenkungsgruppen koordiniert wurde?

Letztlich wirken insbesondere die Comics, als wenn es sich bei Hartz-IV-Empfängern grundsätzlich um infantile Personengruppen handelt.

Harsche Kritik von Sozialverbänden und aus der Politik

Aus diesen Gründen erntet der “Ratgeber“ auch zahlreiche Kritik. So bezeichnet der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, Ulrich Schneider, die Broschüre als “völlig verunglückt.“

Brigitte Döcker, Mitglied im Vorstand der Arbeiterwohlfahrt, wirft den Verantwortlichen sogar eine “Diskriminierung der Betroffenen“ vor.

Auch aus der Politik gibt es Kritik. So äußert sich die schleswig-holsteinische SPD-Landtagsabgeordnete Beate Raudies dahingehend, dass das Jobcenter “deutlich über das Ziel hinaus geschossen sei.“

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Kreis Pinneberg, Ernst Dieter Rossmann, kritisierte die Broschüre. Er spricht von “Empfehlungen an der Menschenwürde vorbei.“

Spartipp: Broschüre sparen

Der Sprecher des Jobcenters des Kreises Pinneberg, Jörg Kregel, bezeichnete die Kritik an der Spartipp-Broschüre indes als bedauerlich.

Bedauerlich scheint angesichts der harschen Kritik an der Broschüre auch die Ausgabe hierfür.

Laut Kregel hat das Jobcenter hier für 8000 Euro bezahlt. Vielleicht hätte das Jobcenter Pinneberg sich einfach die Erstellung der Broschüre sparen sollen.

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Bsp. Grafik: Hartz IV / Broschüre / Spartipps Jobcenter Pinneberg (c) cc/baynado1978

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