Hartz 4-Satz laut Bundessozialgericht verfassungskonform

Stephan Frey
Stephan Frey
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Hartz-4-Satz-2012-News

Eine 54-jährige Hartz-4-Empfängerin aus Baden-Württemberg sah den geltenden Hartz 4-Satz 2012 als zu niedrig an und klagte.

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Die Betroffene argumentierte, dass der Regelsatz kein ausreichendes Existenzminimum gewährleiste.

Klägerin: Regelsatz berücksichtigt Mehrwertsteueranhebung nicht

Das Bundessozialgericht wies nun die Klage zurück. Nach Überzeugung des Bundessozialgerichts ist der derzeit geltende Regelsatz nicht verfassungswidrig. Die Klägerin machte geltend, dass auch durch die zu Beginn des Jahres 2011 angehobenen Regelsätze das Existenzminimum nicht gesichert sei.

So sei insbesondere die Anhebung der Mehrwertsteuer im Jahre 2007 von 16 auf 19 Prozent in der Regelsatzhöhe nicht berücksichtigt worden, argumentierte die Klägerin. Das Bundessozialgericht (BSG) folgte dieser Argumentation nicht und sah die im Jahre 2010 vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze zur Ermittlung des Regelsatzes nicht verletzt.

Im Jahre 2011 lag der Regelsatz bei noch 364 Euro. Dieser wurde nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts neu festgelegt und liegt heute bei 374 Euro monatlich.

Sozialgericht Berlin hält Hartz-IV-Regelsatz für nicht ausreichend und für intransparent

Derweil hält das Sozialgericht Berlin die Hartz-IV-Sätze für unzureichend und nicht ausreichend transparent gestaltet. Bereits im April hatte das Sozialgericht Berlin einen aktuell behandelten Fall an das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung weitergegeben.

Das Bundessozialgericht scheint indes der Argumentation aus Berlin nicht folgen zu wollen. Genaue Details sind jedoch wohl erst der schriftlichen Begründung zum Urteil zu entnehmen.

Regionales Preisgefälle nicht berücksichtigt

Was jedoch die Richter des Bundessozialgerichtes ebenso wenig beachten wie die Politik, ist die Tatsache des regionalen Preisgefälles. So zeugt beispielsweise der auch bei Hartz-IV geltende Mietspiegel je nach Region von preislich unterschiedlich gelagerten Wohnraumpreisen.

Das Gesetz sieht für Hartz-IV eine maximale Wohnraumgröße sowie einen maximalen Wohnraumpreis vor. Je nach Region gelten jedoch auch hier andere Preiskategorien. So ist der Wohnraum in München und Hamburg nachweislich für dieselbe Wohnraumgröße unzweifelhaft teurer als in Gelsenkirchen oder Herne.

Die Jobcenter berücksichtigen bei der Wohnraumermittlung diese regionalen Preisgefälle und orientieren sich dabei an den örtlichen Mietspiegeln. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Preise jedoch auch für die Lebensmittelmärkte. Der Hartz-IV-Regelsatz berücksichtigt dies im Gegensatz zum Wohnraum jedoch nicht.

In Tourismusregionen sind die Preise auch von Discountern teilweise um einige Cent teurer als in nicht touristischen Gebieten. So sind die Preise von Aldi Süd teilweise teurer als die von Aldi Nord.

Da jede Filiale zum Teil nochmals regionale Konkurrenzstudien durchführt, die dann letztlich die Preise vor Ort bestimmen, kann es bei Aldi in München um einiges teurer sein, als bei Aldi Nord in Herne. Auf den Monat gerechnet kommen so einige Euro zusammen.

Kaufkraft des Regelsatzes regional unterschiedlich hoch

Aus diesem Grunde ist die Kaufkraft des Regelsatzes in Höhe von 374 Euro auch regional verschieden. 374 Euro in Herne sind deshalb von der Kaufkraft mehr wert als 374 Euro auf Sylt oder in München.

Deshalb stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der Hartz-IV-Satz nicht in der Tat verfassungswidrig ist, weil die Kaufkraft des bundesweit einheitlichen Regelsatzes eben nicht bundesweit einheitlich ist.

Dadurch könnte in einigen Regionen der Regelsatz hinsichtlich der wahren Kaufkraft unterschritten werden.

Fahrkarte regional unterschiedlich teuer

Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, bezeichnete insbesondere auch die fehlende Mobilität von Hartz-IV-Empfängern als einen Faktor, der die gesellschaftliche Teilhabe ausschließt.

Auch hier gilt, eine Fahrkarte ist je nach Verkehrsverbund teurer oder günstiger, trotz einheitlich geltender „Hartz-IV-Mobilitätspauschale“.

Unternehmen nutzen regionales Preisgefälle für ihre Zwecke

Es stellt sich somit die Frage, ob der Hartz-4-Regelsatz nicht regional an die Preise angepasst werden müsste.

Sozialpolitiker würden es sich wünschen, Ökonomen werden abwinken. Dabei nutzen diese gerade bei der Ansiedlung von Firmen das regionale Preisgefälle, nämlich in Bezug auf die örtlich geltende Gewerbesteuer.

Warum sollen für die Wirtschaft aber andere Maßstäbe gelten als für die Verlierer der Gesellschaft?

Weitere News: Hartz 4-Satz 2012 verfassungswidrig? Regelsatz geht vor BVerfG


Bsp. Grafik zum Artikel: Hartz 4-Satz / Bundessozialgericht (c) me

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