Hartz IV-Kontrolle: Jobcenter will Kranke stärker kontrollieren

Stephan Frey
Stephan Frey
4 min Lesezeit

Hartz 4-Kontrolle: Nach Wohnung und Vermögen nun Krankschreibungen im Visier der Arbeitsagentur – Seit Anfang April 2013 gibt es eine interne Richtlinie für die Jobcenter, kranke Hartz-IV-Empfänger verstärkt zu kontrollieren.

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So will die interne Richtlinie dafür sorgen, dass unerlaubtes Fernbleiben von Terminen mit stärkeren Sanktionen belegt wird.

Im Zweifel soll der MDK eingeschaltet werden

Sollte es zu einer gehäuften Ansammlung von kurzen Krankheitsphasen kommen, so gilt seit dem 1. April eine interne Anweisung, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zu informieren.

Wie eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit mitteilt, gibt es eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit, den kommunalen Leistungsträgern sowie der gesetzlichen Krankenkassen.

Jobcenter verlangen oft zusätzlich Wegebescheinigungen

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass der Bundesagentur für Arbeit keine konkreten Zahlen darüber vorliegen, inwieweit Hartz-IV-Bezieher wegen kurzfristiger Erkrankungsphasen Termine nicht wahrnehmen würden.

Wie eine Sprecherin der Bundesagentur mitteilt, sei es jedoch unstrittig, dass es derartige Fälle geben würde.

Die Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit sagte wörtlich, „wir sagen den Vermittlern ganz klar: lasst euch nicht von Leuten auf der Nase herumtanzen, die immer dann krank sind, wenn wir mit ihnen etwas vorhaben.“

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einigen Arbeitsagenturen zu ärztlichen Attesten so genannte Wegebescheinigungen verlangt werden.

Interne Richtlinie untersagt Wegebescheinigung

Obwohl es eine interne Anweisungen der Bundesagentur für Arbeit gibt, gerade eine derartige Wegebescheinigung nicht zu verlangen, setzen sich offenbar in Unkenntnis der internen Anweisungen zahlreiche Vermittler der Jobcenter über diese interne Anweisungen gerne hinweg.

Zudem stellt die Bundesagentur für Arbeit das Urteilsvermögen der Ärzte, die die Krankmeldungen ausstellen, von vornherein infrage.

Erwerbslosenforum: „Neue Hetzkampagne gegen Hartz-IV-Empfänger“

Da die Jobcenter nicht in der Lage sind, medizinische Urteile abzugeben, hätten diese bei begründeten Zweifeln bereits im Vorfeld den MDK einschalten können.

Dass dies bislang nur in Einzelfällen geschehen ist, offenbart, dass die nun erfolgte Regelung offenbar lediglich als eine Art weitere soziale Ausgrenzung von Hartz-IV-Beziehern zu verstehen ist.

In diesem Zusammenhang kritisiert das Erwerbslosenforum Deutschland die neuerliche Regelung als “neue Hetzkampagne gegen Bezieher von Hartz-IV.“ Die Jobcenter lassen offenbar außer acht, dass gerade Hartz-IV-Empfänger aufgrund ihrer Situation verstärkt unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen leiden.

Genug gefordert – Wo bleibt die Förderung der Betroffenen?

Einige Experten werfen den Jobcentern deshalb vor, von ihrem eigenen Unvermögen die Menschen in sinnvolle Arbeitsverhältnisse zu vermitteln, ablenken zu wollen. Zudem darf nicht außer acht gelassen werden, dass bei Hartz IV-Beziehern das Motto gilt “fördern und fordern.“

Offenbar scheint sich die Arbeitsagentur an dem Wort “fordern“ vermehrt abzuarbeiten, während sie den zweiten Teil des Satzes, nämlich das “fördern“ völlig außen vor lässt. Letztlich dürften zahlreiche Hartz-IV-Bezieher in der Öffentlichkeit nunmehr zu Unrecht als “ Blaumacher“ gebrandmarkt werden.

Insofern stellt sich die Frage, wann endlich das “fördern“ von Hartz- IV- Beziehern einsetzt. Gefordert haben die Jobcenter in der Vergangenheit schließlich schon genug.

Weitere News: Hartz 4 Satz-Erhöhung 2013: Acht Euro mehr Almosen!


Bsp. Grafik: Hartz IV / Kontrolle / Jobcenter (c) cc/baynado1978

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2 Kommentare
  • Es ist schier unglaublich was hier in Deutaschland grade passiert. Die Arbeitslosen werden gedemütigt und entrechtet bis zum geht nicht mehr.
    Könnte heulen und zugleich schreien .
    Was seid ich für unmenschen . Schafft das arbeitsamt ab !!

  • Die Menschheit wird nur eine Zukunft haben, wenn wir uns schleunigst von lebensfeindlichen Idealen wie „Vollbeschäftigung“ und „Wachstum“ verabschieden.
    Ein Arbeitsloser, der (notgedrungen) auf Flugreisen und teure Wegwerfartikel verzichtet, ist sicherlich ein nützlicheres (bzw. weniger schädliches) Mitglied der Gesellschaft als der brave Workaholic und Konsument, der seine sauer verdiente Kohle lieber für „günstige“ Klamotten aus Bangladesch und dubiose, aber extrabillige Lebensmittel, die neueste „Unterhaltungselektronik“ und Kurztrips nach Malle oder Thailand ausgibt, als seine Steuern zu zahlen und damit „Sozialschmarotzer“ zu finanzieren (von reichen Erben, millionenschweren Managern und Berufspolitikern – also den wahren „Parasiten“ im real-existierenden Kapitalismus – ganz abgesehen).
    misanthrope.blogger.de/STORIES/2238579/

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