Lange war es unter Wissenschaftlern umstritten, ob der heutige Pest-Erreger, das Bakterium Yersinia pestis, auch für die Seuchenepidemien im Mittelalter verantwortlich war.
Zweifel gibt es deshalb, weil die Ausbreitungsgeschwindigkeit und die Letalitätsrate heutiger Krankheitsfälle um ein Vielfaches niedriger sind, als es die damaligen Krankheitsfälle und deren Ausbreitung gestatten lässt.
Schünemann: 109 Skelette untersucht
Nun haben Archäologen der Universität Tübingen und der Mc Master Universität in Kanada das Bakterium zweifelsfrei als Erreger der Pest auf einem Londoner Friedhof nachgewiesen.
Das Wissenschaftlerteam um deren Leiterin, Verena Schünemann, von der Universität Tübingen verglich hierbei 109 Skelette aus einem Londoner Massengrab. In den mittelalterlichen Skeletten wurde das Bakterium nunmehr nachgewiesen.
Das Interessante hierbei ist, dass es sich dabei um eine Variante handelt, die heute nicht mehr vorkomme, so die Forscher. Der „Schwarze Tod“ sei demnach eine Pest-Epidemie gewesen und nicht, wie zuletzt vermutet, eine Erkrankung ähnlich Ebola.
Wissenschaftler: Vorgehensweise unseriös
Kritiker äußern allerdings bereits jetzt Zweifel an der These. So handelt es sich bei dem Pestfriedhof um einen lokalen Friedhof in London.
Die regional nachgewiesenen Yersinia-Pestis-Erreger auf ganz Europa übertragen zu wollen sei wissenschaftlich unseriös, so ein Wissenschaftler mit sowohl medizinischen als auch archäologischen Hintergrund.
Zudem sei es in anderen europäischen Ländern bislang nicht gelungen, das Pest-Bakterium nachzuweisen. Wenn überhaupt, dann sei das Pest-Bakterium deshalb momentan lediglich für diesen einen Friedhof in London nachgewiesen, so der Wissenschaftler weiter.
Eine Übertragung auf die gesamte „Pest-Epidemie“ im Mittelalter vornehmen zu wollen, ohne weitere Daten zu besitzen, sei wissenschaftlich unseriös, so der Wissenschaftler.
Grafik Pest-Bakterium (c) ajc