Rentenreform: Rente mit 63 als Flickschusterei oder Großer Wurf?

Stephan Frey
Stephan Frey
5 min Lesezeit

Rentenreform: Unausgegorene Flickschusterei oder Großer Wurf? – Rente mit 63: Koalition aus CDU und SPD bewilligt umstrittene Rentenreform, Voraussetzungen und Frage nach Rente mit oder ohne Abzüge im Visier – Die große Koalition hat zu Beginn des Jahres das Rentenpaket beschlossen.

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Obgleich es das erste große Gesetzesvorhaben der Koalition von Union und SPD ist, hagelt es von der Opposition und auch den Sozialverbänden heftige Kritik.

Ab 63 in Rente: Augenwischerei mit Ansage

Insbesondere die Finanzierung aus der Rentenkasse selbst wird als Hauptkritikpunkt angeführt. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles bezeichnete das vier Milliarden Euro teure Gesetzespaket derweil als gelungen.

Unter anderem soll es für langjährig Versicherte möglich sein, bereits ab 63 Jahren in Rente zu gehen. Daneben wurde auch die so genannte Mütterrente auf den Weg gebracht. Dadurch werden auch Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind bei der Berechnung der Rente besser als zuvor berücksichtigt.

Auch die aufgestockte Rentenhöhe für Erwerbsgeminderte und bessere Rehabilitationsleistungen werden von der Koalition als Meilenstein der Rentenpolitik gepriesen. Insgesamt kosten die Pläne bis zum Jahr 2030 jährlich zwischen neun und 11 Milliarden Euro.

Dabei soll die Finanzierung aus der aktuell gut gefüllten Rentenkasse selbst erfolgen. Betrachtet man das Gesetzesvorhaben jedoch kritisch, so fällt auf, dass kaum ein Arbeitnehmer 45 volle Beitragsjahre erreichen kann. Aus diesem Grunde ist eine abschlagsfreie Rente ab 63 nur für eine Minderheit überhaupt möglich.

Selbst wenn Zeiten kurzer Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden, erfolgt der Renteneintritt nach Geburtsjahrgang. Dabei ist es so, dass die jährliche Staffelung einigen Beschäftigten eine Rente ab 63 überhaupt nicht ermöglicht.

Rolle Rückwärts der SPD unglaubwürdig

Noch vor kurzem hieß es unisono, dass durch den demographischen Wandel die Rente ab 67 nahezu unumgänglich ist.

Insbesondere die Tatsache, dass die Regierung unter dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder die Rente mit 67 eingeführt hat, weil diese eben notwendig erschien, macht die Rolle rückwärts der SPD nunmehr eher unglaubwürdig.

Maurer, Dachdecker und Krankenschwester: Ab 63 in Rente mit Abschlägen

Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es zahlreiche Berufe gibt, in denen eine Rente ab 67 nahezu unmöglich erscheint. Beispielsweise sind Berufe wie Dachdecker, Maurer, Krankenschwester, Fliesenleger und Möbelträger Berufe, die eine hohe körperliche Belastung bedingen.

Zahlreiche Beschäftigte in diesen Branchen müssen stattdessen auch bei der neuen Rentenreform mit Abschlägen bei der Rente rechnen. Nutznießer sind stattdessen Jahrgänge, die zum Wählerklientel der Union zu rechnen sind. Insofern darf die Frage gestellt werden, wem die Rentenreform am Ende nützt?

In jedem Fall scheint diese der Union bei den nächsten Wahlen zuträglich zu sein. Ob dies ein Zugeständnis der SPD an die Union in den Koalitionsverhandlungen gewesen ist, bleibt daher ebenfalls zu hinterfragen.

Politik zulasten der jungen Generation

Ferner stellt sich weiter die Frage, was mit der jungen Generation geschieht? Denn diese findet in der aktuellen Rentenreform nahezu überhaupt keine Berücksichtigung. Stattdessen wird die gefüllte Rentenkasse zulasten der nächsten Generation lustig drauflos geplündert.

Was am Ende für die heutigen Beschäftigten noch übrig ist, spielt für die derzeit aktiven Politik-Akteure offenbar keine Rolle. Insofern ist die aktuelle Rentenreform das, was bereits die Rentenreform unter Norbert Blüm war, Flickschusterei, ohne Zukunftsvision.

Was für eine nachhaltige Rentenpolitik fehlt, ist eine langfristig neu aufgestellte Rentenpolitik, die den demografischen Wandel berücksichtigt, ohne einige Beschäftigte aufgrund der Berufswahl (Krankenschwester, Maurer, Fliesenleger, Dachdecker etc.) zu benachteiligen und diese mit Rentenabschlägen zu bestrafen.

Politik: Nach mir die Sintflut

Diese ist aber offenbar mit Parteien, die lediglich ihr eigenes Klientel bedienen, nicht zu machen. Stattdessen wurde die eigene “Rente“ (bei Politikern spricht man von Pensionen) durch Erhöhung der Diäten aufgewertet.

Solange die eigene Versorgung im Alter gelingt und die nächste Wahl gesichert ist, scheint für diese Koalition alles im Lot zu sein. Ansonsten gilt offenbar die Weisheit “nach mir die Sintflut.“

Weitere News: Rentensteuer-Berechnung: Immer mehr Rentner müssen zahlen!


Bsp. Grafik: Rentenreform 2014 / Rente mit 63 / Koalition / Voraussetzungen (c) cc/ak

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6 Kommentare
  • Habe es geahnt, daß ich wieder leer ausgehe.
    Wenn ich nochmals zur Welt komme, suche ich mir nicht mehr den geburtenstärksten Jahrgang mit der Arschkarte aus…………………

  • es kann doch nicht sein das die Politiker die Rentenkasse so schamlos plündern dürfen. Wenn ich in eine Lebensversicherung einzahle, werden auch nicht daraus Vertrag fremde Leistungen gezahlt …

  • Erst gehen die Renten in den Osten, nun die Subventionen in die EU. Woher soll das ganze geld egentlich kommen, Autobahnmaut und andere Räubereien reichen dafür sicherlich nicht aus. Kann Deutschland eigentlich insolvenz anmelden?

  • Rentenerhöhungen künftig unterhalb der Inflationsrate und laufende Enteignung der Sparer/Altersvorsorge.23 Mrd. Euro allein in diesem Jahr! Die Wahlgeschenke sind eine Zumutung. Besonders die SPD kann nur Geld anderer Leute ausgeben und/oder Schulden machen und das seit Generationen. Leider ist die CDU ins gleiche Fahrwasser abgedriftet und macht unter Merkel sozialdemokratische Politik. Aber die leute haben sie gewählt. Deshalb kein Mitleid sondern sollen sie die Suppe selber auslöffeln, die die Mehrheit des Wahlvolkes soch selbst eingebrockt hat.

  • Erstens: der erste Rentenkassen-Plünderer war ja wohl Herr Kohl mit seiner Wiedervereinigung, nicht dass ich irgend jemand seine Rente mißgönne, nur hätte das mit Steuermitteln oder besser mit seiner CDU-Schwarzkasse bestritten werden sollen. Das war das Geld der ‚Langjährig Versicherten‘.
    Zweitens: ich bin nicht Unions-Wähler, obwohl ich (Jahrgang 1953)vielleicht mit 63 + 2 Monate in Rente gehen kann. Deshalb sehe ich das ‚Wahlgeschenk‘ etwas differenzierter.

  • Das ist so typisch Rentenreform mit Auswirkungen beschließen, die einen als Politiker ja nicht betreffen. Dann lässt es sich auch schön fernab jeder Realität regieren unter Mißachtung aller relevanten Entwicklungen die für eine Rentenreform relevant sind. Das ist schon fast beschämend für ein vermeintlich weit entwickeltes Land.

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