Rainer Brüderle (FDP): Sexismus-Aufschrei bei Twitter

Stephan Frey
Stephan Frey
7 min Lesezeit

Rainer Brüderle: Laura Himmelreich, das ausgefüllte Dirndl und das Frauenbild – Die angebliche sexuelle Belästigung von Rainer Brüderle (FDP) gegen eine Stern-Journalistin hat neben dem Medienecho auch zu einem wahren Sexismus-„Aufschrei“ bei Twitter geführt.

Rainer-Brüderle-FDP-Sexismus-Aufschrei-Twitter-News

Rainer Brüderle wurde auf der Präsidiumssitzung der FDP zum Spitzenkandidaten der Partei bestimmt, weil Philipp Rösler als Parteivorsitzender offenbar keine Wähler mehr anzieht. Gilt Rainer Brüderle doch als kerniger und kompetenter Wirtschaftsliberaler.

FDP: Die Ein-Themen-Partei

Er genoss hohes Ansehen in der Bevölkerung und galt als Garant für einen erneuten sicheren Einzug der FDP in den Bundestag. Offenbar zerlegt die Partei sich jedoch immer mehr selbst.

Bis zum Beginn der christlich-liberalen Koalition gab es in der Partei auch ausgewiesene Sozialpolitiker. Diese wechselten dann jedoch zur SPD. Namentlich sind hier vor allem Ingrid Matthäus-Maier und Günter Verheugen zu nennen.

Seit dem Beginn der christlich-liberalen Koalition entwickelte sich die FDP jedoch immer mehr zur Ein-Themen-Partei, mit Schwerpunkt Wirtschaft. Rainer Brüderle verkörpert ebenfalls den Wirtschaftsflügel der FDP.

Mit zunehmender Entfernung von dem großen Teil der Gesellschaft gehen der Partei offenbar nicht nur die Themen auf breiter Front aus, der Kapitalismus scheint sich auch innerhalb des Charakters der einzelnen Politiker darzustellen.

Ob erschwindelte Doktortitel hier oder Verquickungen mit Lobbyisten da, stets schaffte es die FDP sich immer weiter von der Bevölkerung zu entfernen und dabei offenbar mit zahlreichen Leihstimmen ins Parlament gehievt zu werden. Dass der Wirtschaftsliberalismus sich jedoch auch in einem dem Kapitalismus ähnlichem Frauenbild widerspiegelt, war bislang offiziell nicht bekannt.

Der Kapitalismus und sein Frauenbild

Im Kapitalismus gibt es Unternehmer und Arbeitnehmer. Die Unternehmer sind quasi die Herren und die Arbeitnehmer die Untergebenen, so verstehen sich jedenfalls reine Kapitalisten.

Rainer Brüderle als ausgewiesener Wirtschaftsliberaler scheint offenbar auch im Hinblick auf das allgemeine Frauenbild in der Gesellschaft auf puren Kapitalismus mit seinen Rollenverteilungen ausgerichtet zu sein.

Brüderle: Die Kuh, das Euter und ein Dirndl

So unterhielt er sich kurz vor dem Dreikönigstreffen im Jahr 2011 mit einer Journalistin des Stern. Dabei blickte Brüderle auf ihren Busen und sagte wörtlich: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen.“

Später habe Brüderle die Hand der Journalistin genommen und sie geküsst. Zudem sei er der Journalistin beim Abschied sehr nahe gekommen.

Die Stern-Journalistin Laura Himmelreich hatte Rainer Brüderle auf weiteren Terminen näher beobachtet. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag sagte beispielsweise beim Besuch an einem Kuhstall, als er eine Kuh betrachtete, „Der (gemeint ist das Euter) hängt ja ganz schön. Das ist Körbchengröße 90 L.“

Der Aufschrei in der FDP: Gegen den Artikel

Mögen Psychologen Brüderle einen Mutterkomplex unterstellen, indem sie einen großen Busen gleichsetzen mit einer vielleicht als Kind nicht erhaltenen Geborgenheit bei der Mutter, so empörter dürften Frauenrechtlerinnen sein.

In anderen Parteien wäre Brüderle wahrscheinlich schon längst zum Rücktritt gedrängt worden, jedoch nicht in der FDP.

Offenbar denken viele in der FDP ähnlich wie Brüderle. Dies legt die Tatsache nahe, das es einen Riesen-Aufschrei in der Partei gab.

Jedoch nicht gegen Rainer Brüderle, sondern bezüglich des über Brüderle erschienenen Artikels im Stern. Sowohl Wolfgang Kubicki, Fraktionsvorsitzender im schleswig-holsteinische Landtag, als auch Hessens Justizminister Jörg Uwe Hahn sehen in dem Artikel eine Kampagne gegen Brüderle.

Auch der ehemalige Parteivorsitzende und Außenminister Guido Westerwelle findet den Artikel unfair.

Silvana Koch-Mehrin: FDP ist Schlusslicht

Einzig die Europa-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin gibt zu bedenken, dass die FDP hinsichtlich der Gleichberechtigung in der Partei das eindeutige Schlusslicht in der Parteienlandschaft darstellen würde.

Rainer Brüderle indes äußert sich bisher zu der Thematik überhaupt nicht. Es wird sich zeigen, ob die Wählerinnen und Wähler der FDP im September erneut in den Bundestag verhelfen.

Letzte Umfragen sehen sie trotz des Erfolges bei der Niedersachsenwahl bei vier Prozentpunkten. Ob Rainer Brüderle der Partei nun eine Bürde oder eine Hilfe sein wird, wird sich zeigen.

Geschickter Coup der Dessous-Lobby?

Bei der letzten Bundestagswahl senkte die FDP die Mehrwertsteuer für Hoteliers. Vielleicht stellt die Veröffentlichung der Stern-Journalistin ja auch einen genialen Coup der Liberalen dar?

Ist am Ende sogar alles geschickt im Sinne von Lobbyisten aus der Dessous-Branche inszeniert worden? Ob allerdings der Dessous-Handel mit Körbchenübergrößen in Berlin eine derartig große Lobby während der aktuellen Legislaturperiode aufbauen konnte, ist derweil unbekannt.

Alice Schwarzer, die „Bild“ und die Busen von der Titelseite

Bei der FDP indes dürfte selbst eine derart unrealistische Konstruktion nicht mehr gänzlich unmöglich sein. Und Alice Schwarzer? Warum meldet diese sich nicht zu Wort? Frauenrechtlerinnen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

In früheren Zeiten standen diese wenigstens ihren „Mann“. Oder ist Alice Schwarzer seit der Kachelmann-Affäre bei der Bild mehr oder weniger unter Vertrag? In diesem Fall wäre es ein Fall von Lobbyismus, sich nicht zum Fall Brüderle zu äußern, quasi eine Frauenrechtlerin auf Abwegen.

Die aktuelle Bildschlagzeile greift beispielsweise mit den Worten „Zur Belohnung gab es Schampus vom Chef“, die Journalistin des Stern an und springt Brüderle damit suggestiv bei. Das Frauenbild der „Bildzeitung“ dürfte dabei hinlänglich bekannt sein.

Dabei stellt das Schreiben in einer Zeitung, die Busenmodelle alltäglich auf der ersten Seite „produzierte“ an sich schon eine seltsame Sichtweise von Frauenrechten dar.

Dies gilt umso mehr, wenn man(n) beziehungsweise frau selbst eine Zeitschrift herausgibt, die quasi in „militaristischer Form“ die Frauenrechte einfordert (Emma). Dies ist aber ein anderes Thema. Derweil wird auch bei Twitter heftig über das Thema diskutiert.

Zahlreiche Alltagsbeobachtungen zeugen demnach von einer durch und durch sexistisch geprägten Gesellschaft. Wir leben im Kapitalismus, weiterer Kommentar überflüssig.

Bsp. Grafik zum Artikel: Rainer Brüderle (FDP) (c) cc/INSM

Diese News teilen
Ihr Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert